Alles Spitze

Eine lokale Kunsthandwerkerin erweckt ein 200 Jahre altes irisches Handwerk zu neuem Leben – Stich für Stich
Die irische Künstlerin und Spitzenklöpplerin Fiona Harrington in ihrem Atelier in County Cork.
Fiona Harrington
Irische Künstlerin und Spitzenklöpplerin

Fiona Harrington ist eine der wenigen noch verbleibenden Spitzenklöpplerinnen in Irland. Harrington, die am Crawford College of Art in Cork Kunst studiert hat, meistert ein seltenes Handwerk, das technisches Geschick und ein gutes Auge erfordert. Sie entschloss sich dazu, Pinsel und Farben durch Nadel und Faden zu ersetzen, um diese verschwindende, 200 Jahre alte Tradition wieder aufleben zu lassen und zu bewahren.

Von architektonischen Meisterwerken wie der Samuel Beckett Bridge bis zu den grünen, mit Schafen übersäten Hügeln in ihrer Heimat West Cork hält Fiona die Geschichten Irlands mithilfe eines modernen Stils in Spitze fest, der die Techniken der Kenmare-Gobelinstickerei und Carrickmacross-Spitzenklöppelei kombiniert.

„Stepping Stones“ von Fiona Harrington, aus ihrer Serie „My Grandmother's House“.
Der Anfang
Die Ursprünge der Spitzenklöppelei in Irland

1861, während der großen Hungersnot, zogen Nonnen vom Orden St. Clare, auch bekannt als die Poor Clare Sisters, ins irische Kenmare, um dort eine Schule für Spitzenklöppelei zu eröffnen und den Frauen und Mädchen der Stadt Gobelinstickerei beizubringen, sodass sie ihren Unterhalt damit verdienen konnten.

So erlangten einige der ärmsten Frauen des Landes finanzielle Unabhängigkeit, indem sie aufwendige Hochzeits- und Taufkleider für wohlhabende irische Familien anfertigten. Als die Frauen erwerbstätig wurden und dadurch mehr Macht erlangten, kamen neue Varianten von Spitze auf, wie zum Beispiel Youghal-, Carrickmacross-, Limerick- und Clones-Spitze.

Eines der Stücke aus einer Laborschalen-Installation, die die Künstlerin zum Thema Klimawandel angefertigt hatte.
Im Lauf der Jahre
Eine schwindende Kunst wird zu neuem Leben erweckt

Nach dem Zweiten Weltkrieg, mit der Einführung von maschinell gefertigter Spitze, starb die Spitzenklöppelei von Hand in Irland nahezu aus. Heute unternimmt Harrington Anstrengungen, Kenmare-Gobelinstickerei und Carrickmacross-Spitze zu neuem Leben zu erwecken, indem sie traditionelle Techniken mit zeitgenössischen Applikationen und Motiven kombiniert.

Schließlich liegt ihr die Spitzenherstellung im Blut. Harrington fand heraus, dass ihre verstorbene Mutter eine Spitzenklöpplerin war, die einer Familie von Textilarbeitern entstammte. Und nachdem sie 2011 im Birmingham Museum and Art Gallery eine Ausstellung mit dem Titel Lost in Lace gesehen hatte, fühlte sich die jüngere Harrington motiviert, ihre schlummernden künstlerischen Fähigkeiten weiterzuentwickeln.

Scéal na Cúlóigeoder Die Geschichte von Coolock, erstellt von Fiona Harrington als Auftrag für öffentliche Kunst von Gaelscoil Cholmcille in Coolock.
Das Handwerk erlernen
Ein ausgesprochen moderner Ansatz

Sie schrieb sich in ein Textildesign-Programm am National College of Art and Design in Dublin ein und begann, in einem der wenigen verbliebenen Zentren des Landes zur Herstellung von Spitze, dem Kenmare Lace and Design Center, traditionelle irische Spitzen herzustellen. Hier erlernte Fiona die komplizierte Kunst der Spitzenklöppelei anhand von Musterbüchern, die von denselben Poor Clare-Nonnen geschaffen wurden, die versuchten, den verarmten irischen Frauen der Mitte des 19. Jahrhunderts finanzielle Unabhängigkeit zu verschaffen.

Heute lebt die irische Spitze dank Harringtons Können und Einsatz weiter: in handgenähten Tableaus, durch ihre Workshops und Vorträge und durch nachdenkliche soziale Kommentare in Form von bildender Kunst.

Lokale Empfehlungen

Der Stolz Irlands

Harringtons Leidenschaft für irische Kunst und irisches Handwerk geht über die Welt der Spitze hinaus. Von den besten Kunstgalerien der Stadt bis zu einem nur von Einheimischen besuchten traditionsreichen Pub und progressiven Design-Boutiquen – sehen Sie sich unsere kreativen Vorschläge für ein Kunstwochenende in Dublin an.

IMMA-Nent Domain

Anschauen solange es noch geht: Das Irish Museum Of Modern Art hat soeben 50 Werke von Lucien Freud erworben

Das Irish Museum of Modern Art (Royal Hospital Military Rd.; Kilmainham; +353-1-612-9900) ist das ideale Ausflugsziel für alle, die sich für ein wenig Kunst und Regionalgeschichte interessieren. Das Museum ist im ehemaligen Royal Hospital Kilmainham untergebracht und zeigt verschiedene zeitgenössische Werke von Künstlern wie Jack Butler Yeats und Louis Le Brocquy, einschließlich 50 Werken von Lucian Freud, einem der größten gegenständlichen Maler des 20. Jahrhunderts, bis 2021 entliehen aus einer Reihe von Privatsammlungen.

Und das sind nur die Kunstwerke.

Das ehemalige Krankenhaus, in dem die 3.500 Stücke der IMMA-Sammlung ausgestellt sind, ist vielleicht selbst das größte Kunstwerk. Es handelt sich um das älteste noch stehende klassische Gebäude in Irland, das heute von 48 Morgen Land umgeben ist, auf dem sich große Skulpturen, ein Garten, eine riesige Wiese und ein mittelalterlicher Friedhof für die glücklosen Patienten befinden, die das Krankenhaus nicht mehr lebendig verlassen konnten.

Dublin Modern

Bestaunen Sie im Irish Design Shop Kunsthandwerk lokaler Künstler

Für handgemachte Waren und Kunsthandwerk besuchen Sie The Irish Design Shop (41 Drury St.; +353-1-679-8871), im Besitz der Juweliere Clare Grennan und Laura Caffrey. Die beiden Freundinnen und Eigentümerinnen hatten 2008 die Idee, die Boutique zu eröffnen, um aufstrebende und etablierte Kunsthandwerker zu fördern und die Arbeiten lokaler Künstler auszustellen, denen daran gelegen ist, die ereignisreiche Geschichte und Tradition Irlands auf neue und moderne Art zu bewahren.

In ihrem rustikal-stilvoller Laden findet man zahllose lokal gefertigte Schätze, die sich perfekt als Geschenke und Souvenirs aus Irland eignen. Weiche Überwürfe und Schals aus einer Kaschmir-Merino-Mischung von John Hanly & Company, einer familiengeführten Weberei der vierten Generation, sind kuschelige Erinnerungsstücke von der Grünen Insel. Weitere tolle Souvenirs sind zum Beispiel kunstvoll gefertigte Seifen und Kerzen sowie handbemalte Schreib- und Papierwaren von RubyPeg, einem Designstudio an der Nordwestküste von Irland, und Schmuck in geometrischen Formen, der von den Ladenbesitzerinnen im Rahmen ihrer eigenen Produktlinie Names gefertigt werden und jeweils ein kleines Stück Irland enthalten.

Von Galerie zu Galerie

Diese Ausstellungsräume muss man in Dublin einfach gesehen haben

Wenn Ihr Interesse eher der lokalen Kunstszene gilt, sollten Sie zunächst die Kerlin Gallery (Anne's Lane, S. Anne St.; +353-1-670-9093) besuchen. Es handelt sich hier um eine von Dublins führenden Galerien für zeitgenössische Kunst. Im Herzen von Dublin in der Nähe der Grafton Street gelegen, hat sich Kerlin seit 1988 mit einer Kartei talentierter Künstler einen internationalen Namen gemacht. Im Verlauf der Jahre hat die Galerie eine Reihe namhafter irischer und internationaler Künstler vertreten und ausgestellt.

Der Konzeptkünstler Liam Gillick, der für den Turner-Preis nominierte Künstler Willie Doherty und eine der führenden Künstlerinnen für zeitgenössische Malerei, Dorothy Cross, haben ihre Werke bei Kerlin ausgestellt.

Ebenfalls erwähnenswert ist die noch recht neue Olivier Cornet Gallery (3 Great Denmark St.; +353-87-288-7261), die sich in einem georgianischen Gebäude im aufstrebenden Parnell-Square-Kulturviertel befindet. Was es dort zu sehen gibt? Gemälde, Skulpturen, Keramiken, Kunstdrucke und Fotografien von einer kleinen Gruppe etablierter und aufstrebender irischer Künstler.

Jam-Session mit der Band

Der perfekte Ort für traditionelle irische Musik, Pints und das volle Programm

Egal an welchem Tag der Woche Sie am The Cobblestone ( 77 King St N, Smithfield; +353-1-872-1799) vorbeigehen – Sie hören hier immer Musik, die nach außen dringt. Das Lokal wirkt vielleicht ein bisschen derb, zieht aber jeden Abend Feierfreudige aus der Gegend an, da hier kostenlos Musik geboten wird, und zwar in Form von authentisch irischen Jam-Sessions.

Der Pub hat keine richtige Bühne, stattdessen versammeln sich Irlands beste Geigenspieler, Dudelsackspieler und Sänger einfach rund um die Tische und Stühle des Cobblestone, spielen von 17:00 Uhr bis Kneipenschluss (14:00 Uhr am Wochenende) und geben die Lieder, Melodien und Fähigkeiten weiter, die die traditionelle irische Musik so besonders machen.

Kommen Sie an einem Sonntagnachmittag her, um die besten Chancen auf einen Sitzplatz zu haben und schauen Sie, ob Sie eine Performance von Inhaber Tom Mulligans Bruder Néillidh erwischen, der ein berühmter Uilleann-Pipes-Spieler ist. Dabei handelt es sich um eines der Nationalinstrumente Irlands.

Design-Boutique

Eine Anlaufstelle für progressive Kunst und Design in der Innenstadt

Die Designyard Sculpture & Art Gallery (25 S. Frederick St.; +353-1-474-1011) befindet sich in einem georgischen Gebäude direkt im Stadtzentrum und ist für ihre fortschrittliche Auswahl an Schmuck und angewandten Künsten bekannt. Stöbern Sie in einer Vielzahl von Skulpturen und Kunsthandwerkartikeln aus Metall, Glas und Holz, wie mundgeblasenen Parfümfläschchen und verzierten Kronleuchtern von Künstlern wie Max Brosi, einem Holzbildhauer und Claire Malet, einer Metallkünstlerin und Silberschmiedin. Die Besucher finden im kleinen Showroom von Designyard auch eine Auswahl an Edelmetallen und Edelsteinen, die von Juwelieren wie Rudolf Heltzel und Andrew Geoghegan in Ringen, Halsketten, Ohrringen und Broschen verarbeitet wurden.